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Warum ich Blended Learning nicht mag

Eigentlich hätte ich diesen Artikel schon vor 5 Jahren schreiben müssen. In der digitalen Strategie funktionieren keine Kompromisse. Wir versuchen aber immer Kompromisse zu machen, doch der Kompromiss ist immer ein Verlust auf beiden Seiten. Vor allem ist er meist sehr ineffizient, da man immer Altlasten mit herumschleppen muss. Ein klassisches Beispiel ist der Printbereich, und das gilt sowohl für Hochschulen als auch für die Verlagsbranche. Wenn ich Inhalte herstelle, die weiterhin analog funktionieren sollen, darf ich weder Videos, Interaktivität oder Simulationen nutzen, da sie auf Papier nicht funktionieren. Printverlage und Hochschulen haben daher beschlossen, immer noch Papier als Leitmedium zu nutzen, immer mit der Aussage “Nicht jeder hat einen Laptop und wir dürfen niemanden verlieren.”. Doch langweilige PDFs funktionieren nicht mehr auf den Laptops und min. 95% aller Studenten (außer Lehramtstudis) haben Laptops. Von der Aktualisierung von Studienbriefen, der Distribution, Druckkosten will ich noch gar nicht sprechen. Printverlage haben daher zwei Redaktionen, doch selbst das funktioniert nicht. Man muss radikal neue Wege gehen und konsequent auf ein Medium setzen, wie z.B. die Huffington Post. Nur dann sinken die Produktionskosten und man hat genug Kapital um die IT-Abteilung auszubauen.

Das Blended Learning ist ähnlich fauler Kompromiss. Wir machen nur etwas “E” beim Learning, denn nicht jeder hat die Hardware um auch Animationen und Videos abspielen zu können. Herausgekommen sind dann die Nachteile beider Welten. Lernräume verkommen zu veralteten PDF-Schleudern, die nicht mehr als Link-Listen sind (Dropbox könnte man da auch nutzen). Die Lernmaterialien sind teilweise eingescannte Artikel oder statische PDFs. Unterricht wird genau so gemacht, wie vor 100 Jahren. Neue richtige digitale Konzepte werden ignoriert. Jeder muss immer noch zu EINEM Ort kommen, alle lernen mit der GLEICHEN Geschwindigkeit und erhalten die SELBEN Materialien. Das ist Blended Learning. Online könnte man flexible Systeme für individuelle Förderungen entwickeln, die ALLE nutzen könnten. Dazu müsste  man aber gewaltig IT einsetzen, also nicht einen PC Raum und mit viel Glück WLAN. Nein man bräuchte ein überregionales IT-Zentrum, was zentral Server, Lernräume und Apps entwickelt und ein Webkonferenzsystem anbietet, eine Wikifarm hat und eine E-Book Bibliothek unterhält. Das kann keine Institution alleine machen. Hier bräuchte man 200-400 Leute, die wirklich gute Sachen machen, die dann zentral angeboten werden. Das ist das Internet und da funktioniert kein Föderalismus.

Kompromisse haben selten Vorteile, man hat meist nicht den Mut den Weg radikal zu gehen, damit man alle mitnehmen möchte. Das funktioniert aber nicht, was man z.B. beim Smartphone gesehen hat. Das war keine Kompromisslösung mit großem Bildschirm und einer Tastatur, nein die Tastatur wurde weggelassen und das war der Erfolg. Das gleiche beim Elektro-Auto. Hybrid Fahrzeuge sind zwar schön, aber richtig funktionieren können sie nie, denn mit den beiden Antrieben sind sie zu schwer. Tesla macht es richtig und setzt konsequent auf den Elektro-Antrieb und wird damit Riesenerfolg haben. Google bietet seinen Kunden weder Telefonnummer noch Support an, nur Foren werden betreut. Das ist konsequent und erfolgreich. Amazon hat keine lokalen Geschäfte und ist der größte Händler der Welt.

Alle erfolgreichen Lösungen sind radikal und gehen wenig Kompromisse ein. Man muss den Wechsel konsequent durchführen, sonst stirbt man, siehe Nokia, Kodac oder Karstadt.

Das ist der Grund, warum ich immer sage, dass wir “richtiges” E-Learning machen. Alles ist digital und alles ist online und inzwischen ist auch fast alles in der Cloud. Ich hab vor kurzem geschrieben, wo denn diese MOOC Revolution wäre? Sie ist ganz einfach in der hundertprozentigen Digitalität, denn MOOCs verzichten auf das Blended Learning und erreichen damit plötzlich 100 Millionen Nutzer, statt nur Menschen in einem Umkreis von 30 km. Durch diese neuen Konzepte, werden radikale neue Angebote entstehen die alle konsequent auf das Digitale setzen und irgendwann hunderte von Entwicklern haben, um so richtig coole Lösungen zu entwickeln. Das müssen aber dann richtig große Firmen sein und davon braucht es inzwischen nicht mehr viele auf der Welt. Das Internet konzentriert die Angebote, aber das muss so sein, sonst stimmt die Qualität nicht.

 

 

 

4 Kommentare

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  2. Peter

    Hallo,
    ich stimme mit Dir überein, dass man alles digital machen kann, aber das KANN man auch im Blended Learning machen. Es wurde vielleicht am Anfang auf PDFs und gescannte Materialien gesetzt, aber das war dem Mangel an Alternativmaterial geschuldet.
    Dieses Material ist jetzt aber vorhanden und die Auswahl wird immer größer. Selbst die Schulverlage haben inzwischen verstanden, das eine 1:1 Kopie des Buches auf PDF nicht alles ist, was man machen kann. In Hamburg läuft gerade ein Pilot, wo teilnehmende Schulen mit WLAN ausgestattet wurden, die entsprechenden Lernresourcen wurden Lizensiert und können uneingeschränkt genutzt werden. Das ganze läuft über eine Lernplattform, die extra für diesen Einsatzzweck entwickelt wurde und von jedem Internetfähigen Gerät angewählt werden kann. Die Schüler bringen ihre eigenen Geräte (BYOD) da die meisten sowieso schon ein Gerät hatten. Der Pilot soll insgesamt 2 Jahre laufen und bei Erfolg auf die übrigen Schulen übertragen werden. Die Server laufen zum einen im RZ der Stadt Hamburg, zum anderen auf den Servern des Lernplattform Anbieters.
    Was ich damit sagen will, Langsam aber sicher geht es in die richtige Richtung. Ich denke schon, dass Kinder durchaus noch tagsüber zusammenkommen sollten und auch gemeinsam zu lernen. Uni ist da schon ein andere Thema, da sind MOOCs in den meisten fällen wohl besser geeignet.

    • onlinebynature

      Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man Schulen durch Online-Lehre ersetzen könnte und ich kenne mich auch viel zu wenig mit Schulen aus. Was ich aber immer sage, man darf dann nicht zwei Kommunikationswege anbieten. Also immer noch ein Schwarzes Brett mit Papier in der Aula und ein schwarzes Brett online haben, die Noten aushängen oder den Kalender usw. Das muss alles online gemacht werden. Man sollte dann konsequent einen Weg gehen. Ich glaube auch, dass Blended Learning bestehen bleibt, aber die wahren Stärken, werden dort nicht entstehen.

      • Peter

        Na ja, ein wenig weiter sind die Schulen zumindest in Hamburg, schon, schwarze Bretter gibt es nicht mehr, hängen entsprechend Flachbildschirme mit den aktuellen Meldungen. Stundenplan, Stellvertretungen kann man über das Internet einsehen, Essen wird ebenfalls über das Internet bestellen, etc. In den Klassen hängen überall Smartboards, also es tut sich schon ein wenig, auch wenn das Blending Learning in Deutschland noch ganz am Anfang steht, andere Länder sind da schon deutlich weiter.

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