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OER wir machen, Jedi-Ritter wir sind

Neben den ganzen MOOCs, der MOOC-Plattform mooin und der Moodlemoot in Lübeck, kommt eine Botschaft zu kurz. Wir veröffentlichen nämlich fast alles auch unter CC BY, also einer freien OER Lizenz und sind damit Jedi-Ritter geworden 🙂

tl;dr

Die FH Lübeck bzw. oncampus sind schon seit Jahren fast unbemerkt ein großer OER-Video-Anbieter geworden. Im Jahr 2011 habe ich den Wissenswert-Preis Wikimedia gewonnen und viele unserer Lehrvideos, vor allem aus den Bereichen Kommunikationsnetze, Fertigungstechnik und Volkswirtschaftslehre, wurden dadurch von CC BY-NC auf CC BY umgestellt und barrierefrei untertitelt.

Die Videos haben inzwischen rund 400.000 Klicks erzeugt und sind dadurch, wie der ganze YouTube-Kanal, eine strategische Säule in der Infrastruktur von oncampus geworden. 2,5 Jahre später sind dann die MOOCs dazu gekommen, zuerst “Grundlagen des Marketing”, später dann der HanseMOOC und ab März folgen dann noch Projektmanagement, VideoMOOC und “Das Digitale Ich”. MOOCs sind zwar nicht zwangsläufig OER, doch verbindet beide Modelle der Grundgedanke der freien offenen Bildung für alle.

Stand der Dinge

Im Moment haben wir ca. 840 Videos auf YouTube liegen und davon sind ca. 380 öffentlich online. Wir haben über 1 Mio. Klicks und knapp 3.000 Abonnenten (die Klicks sind die zweit-meisten einer deutschen Hochschule und die Abonnenten die meisten, aber es gibt etliche Einzelprojekte bzw. -personen, die mehr haben). Unsere OER-Playlist hat ca. 400.000 Klicks und der Marketing-MOOC (ist auch komplett OER) hat 80.000 Klicks und 99% positive Bewertungen.

Da wir mindestens 18 MOOCs in den nächsten Jahren veröffentlichen werden, wir aber mit 40 planen, werden also zwischen 400 bis 800 neue Videos hinzukommen und alle sollen natürlich OER sein. Wir versuchen alle MOOC-Videos auch als eigenständige E-Lecture Reihe didaktisch zu konzipieren, so dass man sie auch ohne die MOOC-Inhalte konsumieren kann, aber ob das auch klappt, kann man jetzt noch nicht sagen.

MOOCs, OER und Geiz ist geil

Wenn von OER die Rede ist, dann wird oft der Begriff kostenfrei dazu gesagt. Doch man kann OER ohne Probleme auch für kommerzielle Angebote nutzen, wenn die Lizenz das zulässt und bei CC BY ist das auch ausdrücklich erlaubt. Man kann also ohne Probleme einen Vortrag aus Bildern zusammenbauen, die alle unter CC BY veröffentlicht sind und für den Vortrag Geld nehmen. Das muss auch so sein, denn meist brauchen die Nutzer nur einen Microcontent z.B. ein Bild für einen Vortrag und dafür extra ein Abrechnungssystem einzurichten, wäre viel zu kompliziert. Da ist die Verwaltung höher als die Einnahmen, obwohl die heutige Technik was anderes verspricht.

Das Gleiche gilt auch für MOOCs, denn auch diese offenen Kurse können kostenpflichtig sein, obwohl viele meinen, dass Open stehe für kostenfrei. Andere behaupten, dass Open stehe für zulassungsfrei und jeder könne daher an diesen MOOCs teilnehmen. Eine Definition dafür gibt es nicht, aber die deutsche “Geiz ist geil”-Mentalität schlägt schon zu und alle erwarten, dass OER und MOOCs kostenfrei sind. Das kann aber so nicht funktionieren, denn OER als auch MOOCs haben natürlich Herstellungskosten und diese müssen auch verteilt werden. Ob das jetzt durch Förderungen, Stiftungen, Spenden oder Bezahlmodelle stattfindet, wird noch getestet (erforscht will ich gar nicht sagen, dass wäre zu viel des Guten).

Fakt ist jedoch, dass wir im April den MarketingMOOC ein drittes mal anbieten werden, wobei wir jedoch für den Kurs Einnahmen planen, z.B. für Kurseintritt, Badges und natürlich das Zertifikat, aber die Videos als OER auf YouTube liegen. Ob dies funktioniert, wissen wir nicht. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir neue Schritte ausprobieren müssen und das OER und Bezahl-Modelle sich nicht ausschliessen. Hier ist aber auch der User gefordert, der keine “Geiz ist geil”-Mentalität haben sollte. Unsere Evaluationen haben gezeigt, dass die User bereit sind, für Inhalte zu zahlen. Die Praxis ist aber immer anders und ergonomische Bezahl-Systeme, wie Apple-Pay oder NFC haben sich noch nicht durchgesetzt.

OER und YouTube als Strategie der Hochschule

Ich bin ein absoluter YouTube-Fan und das einzige Argument gegen YouTube ist und bleibt, Google könnte böse sein/werden, technisch ist YouTube nach wie vor der absolute Platzhirsch. Allerdings greift diese Regelung bei OER nicht, denn unsere Inhalte sind CC BY und wenn Google beschließt, diese zu nutzen, haben wir das ja auch erlaubt. Auf der anderen Seite nutzen wir YouTube seit fünf Jahren und haben wirklich viel Erfolg, hohe Usability, Reichweite, Plattformkompatibilität, Hochverfügbarkeit, Adsense-Einnahmen und noch ganz viel mehr davon. Hätten wir eine inhouse Lösung genommen, z.B. Flash Media Server (das wäre wohl wegen HTML5 und iOS richtig Mist gewesen) oder Matterhorn (nichts geht über Hochschul-Projekte, die nie aus dem Prototypen-Status herauskommen), hätte uns das schätzungsweise 50.000 Euro gekostet. Im nachhinein betrachtet, war die Lösung genial 🙂

YouTube ergänzt sich perfekt mit den MOOCs und OER als Öffnung der Hochschule zum lebenslangen Lernen. Wenn unsere Inhalte frei zugänglich sind, können alle, aber wirklich alle auf die Inhalte jederzeit zugreifen und lernen. Hier kommt der immer noch wenig beachtete “Learning on Demand”-Ansatz zum Einsatz. Denkt man MOOCs konsequent weiter, muss man irgendwann beim völlig automatisiertem dozentemfreien Lernen landen, was heute aber nur Lernvideos oder die alten CBT/WBTs abdecken. So weit sind wir zwar noch nicht, aber frei zugängliche Learning Nuggets sind ein zentraler Bestandteil dieser Strategie. Die zweite Säule ist natürlich, dass man per YouTube, oder sagen wir dem Internet, im Allgemeinen (daher auch MOOCs) Zielgruppen auch außerhalb der Hochschule anspricht und zwar vor, neben und vor allem nach dem Erststudium. Die Öffnung der Hochschule funktioniert bestens über das Internet und da ergänzen sich MOOCs als auch OER als Gesamtstrategie im Life Long Learning.

Um YouTube als OER zu nutzen, braucht man jedoch bei der Produktion einen OER-Leitfaden, d.h. jedes Video darf nur gedreht werden, wenn alle Teilnehmer ihre Persönlichkeitsrechte abtreten, es keine Plagiate gibt bzw. alle Zitate korrekt sind. Auch auf eingebundene Medien muss man achten, z.B. Hintergrundmusik. Wir konnten z.B. die Trailer für unsere MOOCs nicht als OER veröffentlichen, da wir kommerzielle Musik nutzen.

In der Praxis kriegen wir das allerdings auch nicht hin, dass alle Videos veröffentlicht werden können. Viele Professoren weigern sich, auf dem bösen YouTube zu erscheinen, auch wenn die Links “privat” sind. Außerdem sind viele Videos ohne eingebunden Kontext sinnfrei. Ich meine jedoch, man kann auch Videos ohne Kontext veröffentlichen. Den Kontext definiert jeder neu für seine singuläre Anwendung und daher kann jedes Schnipsel brauchbar sein. Auf der anderen Seite erwarten viele YouTube-Nutzer aber in sich geschlossene Videos und werten solche Schnipsel ab. Damit wären wir auch gleich bei der Remix-Kultur:

Das Märchen vom Remix

Ich sage es einfach mal ganz simpel: Es gibt keine Remix-Kultur. Alle Remixes, die es da draussen gibt, sind kleine Ausnahmen, die sehr gerne bei Vorträgen einmal erwähnt werden, aber in der Praxis keinerlei Bedeutung haben. Wir haben bei 400.000 Klicks und ca. 150 Videos einen Remix, von dem wir wissen. Macht sich aber gut, wenn man es in einem Paper erwähnt 🙂 .

Und warum machen wir denn jetzt OER?

Ich könnte jetzt ganz viel schreiben über Remixes, Vorträge mit OER-Inhalten, neue Unterrichtsmethoden, Abmahnwellen und Qualitätssicherung (Weisheit der Massen), aber ich halte davon nicht mehr sehr viel. Wir machen OER, weil es der Anstand erfordert. Der Auftrag einer Hochschule ist es, die Welt schlauer zu machen. Bildung für alle und das möglichst kostengünstig! Wenn alle auf der Welt schlau wären, würden wir keine Flüsse vergiften und hätten das Gegenmittel von AIDS und Ebola schon erfunden. oncampus entwickelt MOOCs und es geht nicht in meinen Kopf, wie man dann die Inhalte NICHT unter OER veröffentlichen könnte. Es ist ganz einfach, wir sind Jedi-Ritter und wir sollten daher auch so handeln:

Und wenn man sich einmal mit den Geschäftsmodellen von OER und freier Bildung auseindersetzt, schliesst sich das Geld Verdienen auch nicht aus, siehe z.B. Open Source oder Wikipedia oder YouTube oder Facebook oder auch Pro7. Alles kostet kein Geld und trotzdem kann man damit Geld verdienen.

Braucht OER Förderung?

Zum einen könnte Google ganz viel machen. Wenn Google ganz einfach OER-Inhalte in ihren Relevanzkriterien höher rankt, als andere Inhalte, hätte jede Webseite, jedes Marketing-Video, jeder Blogger und jede Zeitung aus Gründen der Reichweite einen sehr hohen Anreizpunkt, um OER zu machen. Google macht dies schon bei der Wikipedia und könnte daher auch andere OER-Inhalte ähnlich behandeln. Allerdings kann dies nicht alleine stehen, denn ohne Qualität hätten OER-Inhalte auch keine Relevanz.

Auf der anderen Seite sind die Hochschulen gefordert. Wenn die Professoren einmal von ihrem hohen Ross herunterkommen würden und der Gesetzgeber einmal handeln würde, würde man ganz einfach sagen, alles aber wirklich alles was in einer Hochschule produziert wird, muss als OER veröffentlichbar sein, dann wäre diese Diskussion beendet. Professoren erhalten Gehalt und was sie produzieren sollte also dem Auftraggeber gehören, also hier der Hochschule und damit dem Staat und damit der Allgemeinheit. Es wäre alles gut, wenn die Macht mit uns wäre und wir Jedis als Profs hätten  🙂 .

 

 

7 Kommentare

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